Anpassen oder Scheitern: Türkische Restaurants im Angesicht von COVID-19
Restaurants in der Türkei stehen vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte aufgrund der Coronavirus-Pandemie. Bars, Cafés und Restaurants in Istanbul, die sich gerade von einer Finanzkrise zu erholen begannen, kämpfen nun ums Überleben angesichts der Pandemie-bedingten Einschränkungen.
Istanbul in Zeiten der Pandemie
Mit über 138.000 bestätigten Fällen und fast 3.800 Todesfällen war die Türkei gezwungen, seit dem 16. März die meisten nicht-essentiellen Geschäfte zu schließen, darunter Bars, Restaurants und Cafés. Diese Situation hat die Gastronomiebranche, die stark vom Tourismus abhängig ist und bereits unter Inflation und der Abwertung der türkischen Lira leidet, in eine kritische Überlebenssituation gebracht.
Kreativität und Widerstandskraft: Die Geschichte von Chefkoch Cem Eksi
Der Chefkoch Cem Eksi, Inhaber des Restaurants „Mabou“ im Viertel Asmalı Mescit in Istanbul, hat sich kreativ angepasst, indem er sein Menü umgestellt und Lieferdienste angeboten hat. Eksi, der seine Karriere in einem mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant in Deutschland begann, erklärt: „Man passt sich an oder geht unter.“
Normalerweise würde Cem Eksi sein mediterranes Menü in seinem 15-Plätze-Restaurant servieren, doch die Einschränkungen haben ihn gezwungen, seinen Ansatz zu verändern. Heute bietet er Pasta, Brot und andere Gerichte zur Lieferung an. Jeden Sonntag verschickt Eksi sein aktualisiertes Menü per WhatsApp, damit seine Kunden Bestellungen für die Woche aufgeben können.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf die Gastronomie
Trotz dieser Bemühungen muss Eksi mit einer Einkommensreduktion rechnen: „Ich arbeite dreimal so viel und verdiene etwa 70 % dessen, was ich früher verdient habe.“ Diese Zahl reicht jedoch aus, um seine Ausgaben zu decken und die Schließung seines Restaurants zu vermeiden.
Die Herausforderungen betreffen auch andere Inhaber wie Emre, der ein handwerkliches Café in einem Küstenvorort von Istanbul betreibt. Er hat einen Rückgang der täglichen Verkäufe um 70 % verzeichnet und kämpft darum, sein Geschäft am Leben zu erhalten.
Eine ungewisse wirtschaftliche und soziale Zukunft
Die Pandemie hat nicht nur die Verkäufe beeinträchtigt; die steigende Inflation und die Abwertung der Lira haben die Kosten für importierte Produkte erhöht. Für Emre, der seinen Kaffee und seine Maschinen in Euro einkauft, ist dies ein weiterer Schlag für eine ohnehin verletzliche Branche.
Der Lebensmitteldienstleistungssektor in Istanbul ist stark vom Tourismus abhängig. 2019 hatte die Türkei über 50 Millionen Touristen empfangen, aber mit dem Ausbruch des Coronavirus und den Reisebeschränkungen sind die Einnahmen erheblich zurückgegangen.
Möglichkeiten zur Erholung
Am 4. Mai kündigte Präsident Recep Tayyip Erdogan einen Plan an, um bestimmte Geschäfte ab dem 27. Mai unter neuen Gesundheits- und Hygienestandards wieder zu öffnen. Experten erwarten jedoch, dass sich das Konsumverhalten auch nach dem Ende der Einschränkungen verändern wird.
Überlegungen zur Zukunft
Emre befürchtet, dass die Kunden vorsichtiger sein werden, wenn sie sich in der Nähe anderer aufhalten, während Eksi darüber nachdenkt, sein Geschäft erneut anzupassen und Optionen wie eine Feinkosttheke oder eine Weinbar zu erkunden.
Auswirkungen auf die Jugendarbeitslosigkeit
Die Gastronomiebranche macht etwa 2 % der türkischen Wirtschaft aus, ist jedoch entscheidend für die Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen. Die Jugendarbeitslosenquote liegt bereits bei etwa 28 % in der Türkei, und ein Rückgang dieser Branche könnte diese Zahl noch weiter erhöhen.
Fazit
Die Gastronomie in der Türkei steht vor einer ungewissen Zukunft, in der Anpassung die einzige Möglichkeit zum Überleben ist. Auch wenn die Rückkehr zur Normalität noch weit entfernt scheint, zeigen Inhaber wie Cem Eksi und Emre, dass es mit Kreativität und Hartnäckigkeit möglich ist, die Herausforderungen der Pandemie zu meistern.